Wir haben Exposés geschrieben, persönliche Gespräche mit DozentInnen und Professoren geführt; haben Projektstrukturpläne entworfen, Arbeitspakete definiert, Funktionen-Diagramme entwickelt, einen Zeitplan ausgearbeitet. Wir haben das gestalterische, das inhaltliche und das redaktionelle Konzept bestimmt, die Idee konkretisiert; haben recherchiert, Leitfäden entwickelt, stundenlang diskutiert und an Kleinigkeiten gefeilt. Nachdem wir uns in den vergangenen Wochen mit allerhand theoretischen und organisatorischen Arbeiten (kurz: Projekt-Management) beschäftigt haben, kam es Anfang Dezember 2007 zum ersten praktischen Einsatz mit der Kamera!

Auf einem Dach des Besetzten Hauses in Erfurt haben wir uns mit drei Mitgliedern der Erfurter Graffiti-Szene getroffen und ein äußerst interessantes Interview-Gespräch durchgeführt. In eisiger Kälte und in Anblick der untergehenden Sonne, haben unsere drei Befragten über die Graffiti-Kultur ganz allgemein, sowie die Szene in Erfurt im speziellen gesprochen. Auch persönliche Geschichten und individuelle Einstellungen, Erfahrungen, Wünsche und Träume wurden geäußert. Alles in allem ein viel versprechender Anfang unserer Filmaufnahmen!



Verregneter Start am Morgen

Dabei hatte der Tag alles andere als schön angefangen. Als wir gegen 09.00 Uhr in Ilmenau losfuhren, regnete es in Strömen. Auch in Erfurt war es nicht viel besser, was einen anstrengenden Arbeitstag erahnen ließ. Da wir uns mit den Graffiti-Malern erst um 13.00 Uhr in einem Studenten-Café für das Vorgespräch verabredet hatten, blieb uns noch einige Zeit, um im Stadtzentrum Eindrücke der dortigen Graffiti-Malereien einzufangen.

Somit sind wir quer durch Erfurt gelaufen und haben versucht eine möglichst breite Auswahl an Graffitis und Taggings mit Kamera und Fotoapparat abzulichten. Diese Aufnahmen sollen später teilweise unter die Audio-Sequenzen des Interviews geschnitten werden, um damit einen bildlichen Eindruck vom Graffiti-Stadtbild Erfurts zu vermitteln.

Das Einfangen des Erfurter Stadtbildes

Es ist wirklich faszinierend: Läuft man einmal mit aufmerksamen Augen und auf Graffiti sensibilisiert durch Erfurt, dann bemerkt man fast an jeder Hausfassade irgendwelche Bilder oder Taggs, die sich zum einen stark voneinander unterscheiden, aber deren individueller Style sich auch immer wieder entdecken lässt.

Danach folgte eine kleine Wanderung auf die Zitadelle auf dem Petersberg. Von dort aus versuchten wir das Stadtbild Erfurts einzufangen. Besonders der Erfurter Dom stand im Mittelpunkt unserer Aufnahmen, soll er doch später voraussichtlich zu Beginn des Clips als Wahrzeichen die Eröffnung übernehmen. Ob die Bilder jedoch verwertbar sind, werden wir erst in der kommenden Woche bei der Ansicht des Filmmaterials erfahren. Es war auf jeden Fall verdammt kalt und aufgrund des starken Windes auch nicht ganz einfach rauschfreies Tonmaterial einzufangen.

Das Vorgespräch im Café

Es folgte um 13.00 Uhr das Vorgespräch in einem Erfurter Studenten-Café. Dort besprachen wir nochmals das von uns insgesamt ausgearbeitete Konzept und unsere Idee. Die drei Graffiti-Maler zeigten sich sehr interessiert und die Gespräche mit ihnen ließen auf ein sehr interessantes Interview mit drei erfahrenen und kompetenten Sprayern hoffen.

Ein Problem stellte die Frage dar, ob man die Gesichter der drei Jungs zeigen oder aber vermummen sollte. Nach einigen Diskussionen einigten wir uns alle zusammen darauf, dass es wohl besser sei, das Interview zu anonymisieren. Viel zu ungewiss ist die Gefahr durch das Interview in Konflikt mit den Ordnungshütern und der SoKo Graffiti in Erfurt zu kommen. Leider zeigte sich hier auch schon das erste Versäumnis unsererseits, wir hatten keine Masken zur Vermummung dabei.

Die Geheimhaltung der Interview-Partner

Also sind wir zusammen in einigen Erfurtern Geschäften stöbern gegangen, ohne jedoch Erfolg zu haben. So fuhr einer unserer Interviewpartner auf dem Weg zum Besetzten Haus nochmal kurz zu sich nach Hause und besorgte Skimasken und Schals. Dem Interview stand nun nichts mehr im Wege.

Das Besetzte Haus in Erfurt stellte sich als perfekte Location für die Interview-Aufnahmen heraus. Unzählige Graffitis auf dem gesamten Gelände sowie ein Flair von Freiheit und Parallelgesellschaft, was genau zu unserem inhaltlichen Konzept von „Randspiel“ passt.

Das Besetzte Haus Erfurt, ein Ort mit trauriger Vergangenheit

Das Besetzte Haus in Erfurt ist übrigens ein Ort mit einer sehr dunklen Vergangenheit. Während des Nationalsozialismus produzierte dort die Firma „Topf & Söhne“ Krematorien sowie Teile von Gaskammern für Konzentrations- und Vernichtungslager. Zwei befreundete Kommilitonen von mir haben in den vergangenen Monaten einen Dokumentar-Film über die Geschichte des Geländes gedreht. Der Film wird voraussichtlich Mitte 2008 veröffentlicht und sei allen sehr ans Herz gelegt!

Als wir uns auf dem Gelände des Besetzten Hauses nach einem idealen Platz für das Interview umschauten, waren es die drei Graffiti-Künstler, die auf einmal die Idee hatten, auf eines der Dächer zu steigen und dort oben zu drehen. Der Vorschlag stellte sich als ideal heraus. Auf der einen Seite das Söhne&Topf-Gelände und gegenüber davon der Güterbahnhof sowie die Hauptstraße nach Weimar. Der Dreh auf dem Dach hatte etwas ganz besonderes. Irgendwie kam man sich vor, wie in einem dieser tollen Musikvideo-Clips, die man in frühen Jugendjahren immer im TV sehen konnte.

Das Interview in luftiger Höhe

Über das Interview selber möchte ich gar nicht viel erzählen, schließlich sollt ihr ja alle später eifrig das Video dazu anschauen. Auf jeden Fall war es sehr interessant! Die drei befragten Jungs stellten sich als tolle Interviewpartner heraus, die viel zu erzählen hatten. Das Interview wurde von mir durchgeführt. Mario filmte mit einer XL1, die auf einem Stativ montiert war und Imke machte mit einer kleinen Handkamera den Gegen-Shot. Glücklicherweise war Martin, Imkes Freund, mit dabei und konnte uns den Ton angeln.

Als wir das Interview begannen, war es bereits zwischen 15.30 und 16.00 Uhr. Und da die Sonne im Winter für gewöhnlich gedenkt etwas früher unterzugehen, wurde es recht schnell immer dunkler. Auch die zunehmende Kälte und der eisige Wind, der über das Dach zischte stellten sich als Problem heraus. Wir froren und zitterten, hatten aber dennoch alle unseren Spaß und lauschten gespannt den Erzählungen und Antworten der drei Graffiti-Künstler.

Spaß und Schock bei der Arbeit

Einen kleinen Schock erlebten wir, als uns Martin in einer kurzen Dreh- und Zigarettenpause kurz vor Schluss mitteilte, dass das Mikrofon nicht angeschaltet war. Da er den Ton aber gleichzeitig über die Abnahme gehört hatte, hoffen und denken wir, dass das Audio-Material vorliegt. Wenn nicht, haben wir ein kleines Problem. Auch lustig war, als unsere Interviewpartner auf einmal alle aufsprangen, als ein Zug vorbei fuhr. Denn wie sich rausstellte war dieser voller Taggs der Leipziger Graffiti-Szene.

Nach dem Interview sprayten die Drei noch ihre Künstler- Namen an eine freie Wand auf dem Gelände des Besetzten Hauses. Auch Imke ließ sich davon inspirieren und sprayte ihren ersten Character! Danach wurde das ganze Equipment wieder eingepackt und wir zogen in der Dunkelheit zurück in die Stadt, wo es als Belohnung den ersten Glühwein des Jahres 2007 auf dem Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt am Wenigemarkt gab.

Das Fazit des ersten Dreh-Tages

Insgesamt lässt sich sagen, dass es ein wirklich toller erster Interviewtag in Erfurt war. Die drei Graffiti-Maler zeigten sich äußerst geduldig und aufgeschlossen und brachten sich selber mit eigenen Ideen ein. Das schlechte Wetter machte die Arbeit zu Beginn des Tages etwas anstrengend, wurde jedoch schnell besser, so dass es insgesamt keine all zu große Einschränkung darstellte. Mit insgesamt 12 Stunden, die von uns aufgebracht werden mussten, war der Tag ziemlich lange. Sollte sich allerdings rausstellen, dass das Ton- und Videomaterial brauchbar ist, hat sich sicherlich jede einzelne Minute gelohnt!

Alles in allem kann man von einem viel versprechenden Auftakt sprechen, der uns viel Spaß gemacht hat und Lust auf mehr macht. Ehrlich gesagt blutete mir das Herz, wenn ich daran denke, dass wir das ca, 150-Minuten- Material auf eine Fassung von 10 bis 15 Minuten kürzen mussten. Mehr wird wohl leider wegen der Ausstrahlung im Internet nicht möglich sein.

Die Folge Erfurt wird voraussichtlich Anfang Mai auf dieser Seite im Internet veröffentlicht!

[mygal=Folge_Erfurt]

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