Die StreetLightsTV-Folge aus Mainz über Jugendliche auf der Straße wurde am Sonntag, den 01. Juni 2008 zunächst online gestellt. Allerdings mussten wir die Folge wenige Stunden später wieder offline nehmen, da wir rechtliche Schwierigkeiten für alle Beteiligten fürchteten – sowohl für das SLTV-Team als auch für die Interviewten. Mittlerweile – seit Mittwoch, den 04. Juni 2008 – ist die Folge wieder online. Wieso, weshalb, warum ist das alles so gekommen? Mit diesem Beitrag soll der Hintergrund der Probleme kurz erläutert werden.

Jeder Mensch kann sich laut Art. 2 I GG in Verbindung mit Art. 1 I GG auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist als allgemeine Handlungsfreiheit zu verstehen, in der nicht nur ein persönlicher Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung geschützt ist. Im Persönlichkeitsrecht wird wiederum zwischen allgemeinem (z. B. Schutz der Privatsphäre, Recht auf informelle Selbstbestimmung) und besonderem Persönlichkeitsrecht (z. B. Urheberrecht) unterschieden. Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist auch das Recht am eigenen Bild, das in den §§ 22ff. KUG (Kunsturhebergesetz) geregelt ist. Demnach ist die Veröffentlichung und Verbreitung eines Bildnisses einer Person nur mit dessen Einwilligung zulässig (§22 KUG). Ohne Zustimmung des Abgebildeten ist also keine Veröffentlichung möglich. Bei der Folge für Mainz trat genau dieses Problem auf. Dem SLTV-Team wurde zwar mündlich zugesichert, das Material veröffentlichen zu können. Allerdings fehlte die schriftliche Einwilligung des Abgebildeten, die dem Team jedoch zunächst zugesichert wurde. Zustimmungspflichtig ist es allerdings nur, wenn es ein Bildnis des Betroffenen ist. Unter einem Bildnis im Sinne des §22 KUG ist eine Abbildung einer Person zu verstehen, durch die sie für Dritte erkennbar dargestellt ist. Aus diesem Grund sieht man in den Medien häufig Anonymisierungen wie Augenbalken oder Pixel, die diese Erkennbarkeit verhindern sollen. Letzteres ist auch in der Folge Mainz von StreetLightsTV zu sehen. Allerdings hängt die Erkennbarkeit einer Person nicht nur von einem Foto oder Gesicht, sondern auch von Kontextinformationen ab. Des Weiteren sollte das Erkennen durch das nahe Umfeld ebenfalls ausgeschlossen sein.
Die Einwilligung der in Mainz interviewten Personen lag – zumindest mündlich – vor. Allerdings hatten wir das Thema Jugendliche gewählt und somit Minderjährige interviewt. Und genau dort tritt ein weiteres Problem auf. Bei Minderjährigen ist das Recht am eigenen Bild noch einmal strenger gefasst. Kinder und Jugendliche werden in besonderer Form geschützt. Die Veröffentlichung von Bildern und Aussagen dieser Gruppe kann nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten erfolgen (§§ 107, 110 BGB). Allerdings ist hier wiederum zu differenzieren: Ab dem 14. Geburtstag kann von einer Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen ausgegangen werden. Diese liegt vor, wenn die Minderjährigen die weitreichenden Folgen ihrer Entscheidung überblicken können. Somit ist es notwendig, dass neben der Zustimmung der Erziehungsberechtigten auch der Jugendliche selbst zustimmt. Im Falle von StreetLightsTV fehlte die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten. Zunächst wurde beschlossen, die Folge dennoch online zu stellen, da ja eine mündliche Einwilligung vorlag. Eine Einwilligung zur Veröffentlichung kann mündlich, schriftlich oder konkludent erfolgen. Letzteres bedeutet, dass aus dem Verhalten und den Handlungen des Abgebildeten oder Interviewten auf eine Zustimmung geschlossen werden kann. Beispiel hierfür ist eine Interviewsituation, bei dem der Betroffene die Fragen des Reporters beantwortet. Somit kann von einer Einwilligung ausgegangen werden. Die Jugendlichen vom Goetheplatz haben sowohl mündlich als auch konkludent ihre Einwilligung abgegeben. Dabei wurde auf das Veröffentlichungsmedium Internet, den Veröffentlichungszeitraum (zunächst 3 Monate) sowie Zweck, Art und Umfang der Veröffentlichung hingewiesen. Andernfalls kann der Betroffene die Einwilligung widerrufen, da er mit den tatsächlichen Bedingungen der Verbreitung des Bildnisses möglicherweise nicht einverstanden gewesen wäre. Allerdings haben die Erziehungsberechtigten der Jugendliche noch nicht zugestimmt. Diese Einwilligungen liegen dem SLTV-Team mittlerweile vor, so dass die Folge Mainz wieder online gehen konnte.

Die Veröffentlichung der Folge ohne Einwilligung der Minderjährigen und deren Erziehungsberechtigten hätte verschiedene rechtliche Folgen für StreetLightsTV gehabt. Aus diesem Grund wurde die Folge bis zur Vorlage der Einwilligung der Erziehungsberechtigten offline genommen.
Aus dem KUG ergeben sich Ansprüche (Unterlassung, Richtigstellung, Gegendarstellung, Schadenersatz), die in den §§ 823 II in Verbindung mit §§ 249ff. BGB und §1004 BGB geregelt sind. Diese Ansprüche sind gegeben, wenn das Bildnis ohne die Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht wird – das trifft im Fall von SLTV (Gott sei Dank) nicht mehr zu.

Quellen
http://www.nennen.de/blog/blog/artikel/die-super-nanny-konfliktdarstellung-mit-einwilligung.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=4&cHash=6e2f053df2
http://www.medienhandbuch.de/filmrecht.php
http://www.lehrer-online.de/einwilligung-minderjaehriger.php?sid=16139986661474046121233703370460
http://www.lehrer-online.de/314932.php?sid=64205907862134537721250795079430
http://www.lehrer-online.de/314871.php?sid=32182124938440034021251645165000
http://www.lehrer-online.de/314899.php?sid=32182124938440034021251645165700
Schneidewindt, Karsten (20.08.2007): Das Recht am eigenen Bild im Überblick. URL: http://www.juraforum.de/forum/archive/t-187423/das-recht-am-eigenen-bild-im-%C3%9Cberblick [05. Juni 2008]
http://www.juraforum.de/lexikon/Pers%C3%B6nlichkeitsrechte
Grundgesetz
Kunsturhebergesetz
Bürgerliches Gesetzbuch

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